Ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit eines zweiten und genauen Blicks auf einen schwierigen und anstößige Text bietet das Eifersuchtsordal aus Num 5. Hier wird ausführlich geschildert, wie ein eifersüchtiger Mann seine Frau, die er – ohne Beweise zu haben – des Ehebruchs bezichtigt, in den Tempel bringen soll. Dort bereitet der Priester einen Trunk aus »bitterem und fluchbringendem Wasser«, das im Fall der Untreue »ihren Bauch anschwelle und ihre Hüften einfallen« lassen wird. Wenn ich diesen Text mit einer Gruppe lese, ruft er zunächst immer Entsetzen hervor. Tut er das nicht zu Recht? „Das bittere, fluchbringende Wasser (Num 5,11-31)“ weiterlesen
Autor: Oliver Achilles
Copy and paste III
Manchmal reicht die Veränderung eines einzelnen Buchstabens, um den Sinn eines biblischen Satzes dramatisch zu verändern – das gilt nicht nur für die hebräische Bibel, sondern auch für das griechische Neue Testament. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist das der Geschlechtsumwandlung der Junia in einen Junias bei der Abschrift von Röm 16,7. „Copy and paste III“ weiterlesen
Copy and paste II
Ein Mann der alten Kirche, der unglaublich viel geschrieben hat – und von dem unglaublich viel abgeschrieben wurde – war der große Origenes († 254). Bald nach seinem Tod begannen die origenistischen Streitereien, die letztendlich dazu führten, dass dieser »Riese« unter den Theologen als Häretiker bezeichnet wurde. Zu den Verteidigern des Origenes im Westen gehörte Rufin von Aquilea († 412) – dessen Freundschaft mit Hieronymus († 420) wegen dieser Frage zerbrach. „Copy and paste II“ weiterlesen
Lieben oder Hassen?
Ich bin immer wieder gerne auf Diaspora unterwegs, und dort begegnen mir regelmäßig unter dem Stichwort #bible Beiträge, die in Form von Pictogrammen Kritik an der Bibel üben. In diesem Fall werden zwei auf den ersten Blick widersprüchliche Bibeltexte abgebildet: »Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder« (1 Joh 3,15) und »Wenn jemand zu mir kommt und nicht seine Brüder hasst, der kann nicht mein Jünger sein« (Lk 14,26). Der gewünschte Eindruck: die Bibel, ein hochproblematisches Buch. Hier meine 5 Cent dazu: „Lieben oder Hassen?“ weiterlesen
Götter, Engel oder Söhne Israels?
Ein spannender Text, was seine Übersetzung und Auslegung angeht, ist Dtn 32,8. Hier spielt es alle Stückerln, wie man in Wien sagen würde. Je nachdem welche Textzeugen man befragt, kommt man zu ganz unterschiedlichen Aussagen. In der Einheitsübersetzung lautet der Vers aus dem Lied des Mose: »Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, / als er die Menschen aufteilte, / legte er die Gebiete der Völker / nach der Zahl der Götter fest«. „Götter, Engel oder Söhne Israels?“ weiterlesen
Die »noachidischen Gebote«
Aus der Auslegungstradition der Fluterzählung entwickelte sich die nähere Bestimmung eines Noach-Bundes (KKK 56-58). Die jüdische Tradition kennt sieben noachidische Gebote, und es gibt gewichtige Hinweise, dass diese Vorstellung im Urchristentum eine entscheidende Rolle gespielt hat. Was sind diese Gebote – und wo findet man sie? „Die »noachidischen Gebote«“ weiterlesen
Brief an Dr. Laura Schlessinger
Für Netznomaden bereits ein alter Hut – aber ein schönes Beispiel, wohin es führt, wenn man die notwendige Auslegung der biblischen Texte nicht beachtet. „Brief an Dr. Laura Schlessinger“ weiterlesen
Augustinus Vision von einem Konzil in Buchform
In seinem Werk Contra Julianum aus dem Jahr 422 formuliert der afrikanische Kirchenvater eine Vision: ein Konzil der bedeutendsten Kirchenväter aller Zeiten, Epochen und Erdteile – und für dessen »Realisierung« sah er nur eine Möglichkeit. „Augustinus Vision von einem Konzil in Buchform“ weiterlesen
Copy and paste I
»Copy and paste« ist heute eine Art »Kulturtechnik« geworden. Zu einer Zeit, in der von Menschen geschriebene Texte nur aufwendig von Hand kopiert werden konnten, spielte die Sorgfalt und Zuverlässigkeit der Kopisten eine wichtige Rolle. Jeder empfindet es als legitim, dass Beethoven die Widmung seiner dritten Symphonie mit eigener Hand ausradierte, weil er über die Kaiserkrönung Bonapartes erzürnt war. Was aber, wenn Kopisten eigenmächtig solche Veränderungen vornehmen? In der Auslegung der Bibel spielt dieses Szenario eine nicht unbedeutende Rolle. „Copy and paste I“ weiterlesen
»Jeder Mensch« – oder »ein Mensch«?
Und wieder einmal die Einheitsübersetzung: diesmal hat sie im Buch Kohelet zugeschlagen. Dieses auch als »Prediger«, »Prediger Salomo« oder »Ekklesiastes« bekannte Buch gehört sicher zu den großen Herausforderungen jeder biblischen Auslegung, weil es so quer zum Mainstream der sonstigen Theologie der biblischen Bücher zu stehen scheint. Um so wichtiger ist es, den Textsignalen des Buches zu folgen, die zu einer kohärenten Deutung führen können. „»Jeder Mensch« – oder »ein Mensch«?“ weiterlesen