Augustinus Vision von einem Konzil in Buchform

In seinem Werk Contra Julianum aus dem Jahr 422 formuliert der afrikanische Kirchenvater eine Vision: ein Konzil der bedeutendsten Kirchenväter aller Zeiten, Epochen und Erdteile – und für dessen »Realisierung« sah er nur eine Möglichkeit.  Anlass dieser Vision waren die Diskussionen über den Pelagianismus. Augustin musste erfahren, dass seine Berufung auf die Bibel und seine Auslegung der Schrift seine Widersacher nicht überzeugen konnte. Er brauchte eine zusätzliche Unterstützung seiner Positionen. Da kam ihm die Idee, sich auf die übereinstimmende Lehre aller großer Theologen vor ihm an allen kirchlichen Orten zu berufen. Das war aber nur in Buchform möglich, denn:

»Wenn eine Synode der Bischöfe aus dem ganzen Erdkreis versammelt würde, wäre es ein Wunder, dass viele Männer dieser Qualität sich leicht an einem Ort aufhalten könnten. Denn diese Männer lebten nicht alle zu der selben Zeit: sondern zu verschiedenen Zeitepochen und an entfernte Orte sendet Gott selbst, wie es ihm gefällt und wie er es für nützlich erachtet, einige wenige von seinen gläubigen Dienern, die aus den vielen anderen hervorragen. So siehst du diese Männer versammelt, aus verschiedenen Zeiten und Regionen, von Osten und von Westen, nicht an einem Ort, zu dem die Menschen zu reisen gezwungen sind, sondern versammelt in einem Buch, dass zu den Menschen reisen kann.« (II,37)

De facto ist dieses Buch im Christentum eine Metapher geblieben – und nie zustande gekommen, wenn es auch Versuche einer Realisierung gegeben hat. Bemerkenswert bleibt, dass im frühen 5. Jahrhundert das beginnt, was man als Patristik bezeichnen kann.

Hier der Augustinus-Text auf Latein:

»Si episcopalis synodus ex toto orbe congregaretur, mirum si tales possent illic facile tot sedere. Quia nec isti uno tempore fuerunt: sed fideles et multis excellentiores paucos dipensatores suos Deus per diversas aetates temporum, locorumque distantias, sicut ei placet atque expedire judicat, ipse dispensat. Hos itaque de aliis atque aliis temporibus atque regionibus ab Oriente et Occidente congregatos vides, non in locum quo navigare cogantur homines, sed in librum qui navigare possit ad homines.« (Contra Julianum II,37; MPL XLIV, 700)

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