Noch ein herausfordernder Abschnitt aus dem ersten Testament: Abraham will seinen Sohn Isaak opfern (Gen 22). In einer Kurzserie will ich einige Beobachtungen zum Text und daraus folgende Deutungen vorstellen. „Abraham und Isaak I“ weiterlesen
Autor: Oliver Achilles
„Ihr habt den Teufel zum Vater“
Joh 8,44 ist einer der problematischsten Verse des vierten Evangeliums und wurde/wird von Antisemiten aller Zeiten und Orte immer wieder gerne zitiert. Wie aber ist der Satz nun zu verstehen? Ein Blick auf seinen Kontext und die Auslegungsgeschichte helfen weiter.
Papst Gregor der Große zur Auslegung der Heiligen Schrift
Sicut enim ex uno auro alii muren[ul]as, alii anulos, alii dextralia ad ornamentum faciunt. Ita ex una scripturae sacrae scientia expositores quique per innumeros intellectus quasi varia ornamenta componunt, quae tamen omnia ad decorem caelestis sponsae proficiunt.
Wie nämlich aus einem Stück Gold die einen Halskettchen, die anderen (Siegel)Ringe, wieder andere Armbänder zum Schmuck machen – so stellen die Ausleger aus ein und derselben Kenntnis der Heiligen Schrift, jeder aber wegen der unzähligen Bedeutungen, gleichsam verschiedene Schmuckstücke her, die gleichwohl alle zum Schmuck der himmlischen Braut dienen (Übersetzung OA).
(Papst Gregor der Große († 604 n. Chr.) an den Armenischen Metropoliten Domitianus
Registrum, III 62 in: MonumentaGermaniae Historica, Epistolae Band I, S. 223)
Antijudaismus bei Augustinus
Bei der Lektüre von Arno Borst: „Der Turmbau zu Babel“ wurde ich auf folgende Passage im Psalmenkommentar von Augustinus aufmerksam:
Enarrationes in Psalmos – Aus der Auslegung zu Psalm LVI
Der wandernde Felsen
Ich habe mich immer gefragt, warum Paulus in 1 Kor 10,4 von einem Felsen spricht, der mit dem Volk durch die Wüste wanderte („und dieser Fels war Christus“).
Dank James L. Kugel weiß ich jetzt die Antwort: die Tora erzählt zweimal davon, wie Moses für das dürstende Volk Wasser aus dem Felsen schlägt: einmal in Ex 17,1-7 und dann nochmals in Num 20,1-13; beide Male wird der Ort ausdrücklich als Massa bezeichnet, obwohl sich die erste Erzählung in Refidim abspielt – und die zweite in Kadesch. Conclusio der alten jüdischen Ausleger: der Felsen ist mit dem Volk mit gewandert (Tosefa Sukkah 3,11)! Und auf diese Vorstellung hat Paulus offensichtlich zurückgegriffen.
Abraham und die Gerechtigkeit
Eine kleine Notiz zu Gen 15,6:
»Abram glaubte dem Herrn und der Herr rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.« Wie üblich, ist die Einheitsübersetzung hier ungenau. Der hebräische Text lautet nämlich:
Das heißt wörtlich übersetzt: »Und er vertraute auf den HERRN und er rechnete es ihm [als] Gerechtigkeit [an].«
Dabei ist der hebräische Text nicht eindeutig, was sein Subjekt angeht. Zwei Deutungen sind möglich:
»Er (=Abraham) vertraute auf den HERRN, und er (= Abraham) rechnete es ihm (=dem HERRN) als Gerechtigkeit an.«
Oder – und so hat Paulus den Text verstanden: »Abraham vertraute auf den HERRN und der (=der HERR) rechnete es ihm (=Abraham) als Gerechtigkeit an.« (vgl. Röm 4,3).
Die dunkle Seite des Heiligen
Der folgende Artikel von mir ist zuerst in der österreichischen Wochenzeitung „Die Furche“ erschienen, und wurde für die Zeitung „Dialog“ des Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit erweitert.
Über den Umgang mit der dunklen Seite eines Heiligen – Johannes Capestrano (1386-1456)
Welche Religion hatte Abraham?
Nach Paulus (Röm 4,8-13; Gal 3,6-14) ist Abraham der Prototyp des gläubig gewordenen Heiden, der ohne Beschneidung die Gabe des Heiligen Geistes empfängt – also die Symbolgestalt der paulinischen Mission.
„Welche Religion hatte Abraham?“ weiterlesen
Auslegungssache
Ich möchte hier einige Notizen zum Thema Bibel-Auslegung festhalten, die bei meiner Beschäftigung mit dem »Buch der Bücher« angefallen sind. Vielleicht ist für den einen oder die andere etwas hilfreiches dabei.