Petrus als Satan

Und wieder einmal die Einheitsübersetzung: Als Petrus nach der ersten Leidensankündigung Jesu seinem Herrn den Weg nach Jerusalem ausreden möchte, fährt ihn sein Meister laut EÜ an: »Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen!« (Mt 16,23). Aber in Mt 4,19 wird der gleiche griechische Ausdruck opísō mu mit »folgt mir nach« übersetzt. Ohne auf den Gesamtkontext des Evangeliums zu achten, unterschlägt die Version von Mt 16,23 in der EÜ so, dass die heftige Zurückweisung des Petrus mit einem Ruf in die erneute Nachfolge verbunden ist.  Denn opísō mu heißt hier schlicht und einfach: »hinter mich!«  – eben im Sinne von: folge mir nach (vgl. Mk 8,33+34).

Bibelauslegung durch ein deutsches Landgericht

Das Landgericht Köln hat in einem aktuellen Urteil unter anderem auch Bibelauslegung betrieben, indem es die Beschneidung von männlichen Kindern aus religiösen Gründen als Körperverletzung bewertet hat. Das ist ein juristischer Kommentar zu Gen 17 – und ein massiver Angriff auf die Religionspraxis der abrahamitischen Religionen des Judentums und des Islam. Ich vermute, dass sich das Gericht der massiven religiösen Implikationen seines Spruchs wohl nicht bewusst war, anders kann ich mir einen solchen Angriff auf das Bundeszeichen Israels nicht erklären. Ich persönlich halte dieses Urteil für haarsträubend – und bin gleichzeitig sicher, dass es nicht das letzte dieser Art gewesen sein wird.

Die Asche der roten Kuh

In Num 19 wird geschildert, wie aus der Asche einer roten Kuh Reinigungswasser für die Israeliten gewonnen werden soll, die sich an einem Leichnam kultisch verunreinigt haben. Was macht man heute mit einem solchen Text?

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Ein epochaler Text: Jakobs Traum von der Himmelsleiter

In Gen 28,10-22 wird erzählt, wie Jakob auf dem Weg nach Haran auf freiem Feld übernachtet und dort einen Traum hat: er sieht Engel auf einer Leiter auf und niedersteigen, und JHWH verspricht ihm Schutz und reiche Nachkommenschaft. Zum Andenken an den Traum errichtet Jakob ein Steinmal und nennt den Ort Bet-El, »Haus  Gottes.« Wie ist der Text zu verstehen?

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Die Steinigung des ungehorsamen Sohnes

Noch ein Klassiker unter den biblischen Texten, die nach einer Auslegung geradezu schreien: »Wenn ein Mann einen unbändigen und widerspenstigen Sohn hat, welcher der Stimme seines Vaters und der Stimme seiner Mutter nicht gehorcht, und sie züchtigen ihn, aber er gehorcht ihnen nicht: so sollen sein Vater und seine Mutter ihn ergreifen und ihn zu den Ältesten seiner Stadt und zum Tore seines Ortes hinausführen, und sollen zu den Ältesten seiner Stadt sprechen: Dieser unser Sohn ist unbändig und widerspenstig, er gehorcht unserer Stimme nicht, er ist ein Schlemmer und Säufer! Und alle Leute seiner Stadt sollen ihn steinigen, daß er sterbe; und du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen. Und ganz Israel soll es hören und sich fürchten.« (Dtn 21,18-21, Elberfelder 1905)

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Gefallene Engel II

In seinem Werk über Fragen zum Heptateuch  (also die sieben ersten Bücher der Bibel –  Genesis bis Richter) kommt Augustinus auf Gen 6,1 ff. zu sprechen. Seine Argumentation ist  dabei von einer gewissen Unsicherheit geprägt, allerdings nicht aus theologischen Gründen, sondern wegen dem weit verbreiteten Volksglauben zu diesem Thema. „Gefallene Engel II“ weiterlesen

Gefallene Engel I

Tertullian († um 220) schreibt in seinem Apologeticum: »Doch wie von einigen Engeln, die aus eigenem Willen verdorben wurden, ein noch verdorbeneres Volk von Dämonen hervorging, das von Gott zusammen mit den Urhebern der Nachkommenschaft und mit dem, den wir den Fürsten [=der Satan] genannt haben, verdammt wurde: dieser Hergang wird in den Heiligen Schriften erkannt« (XXII,3). Die Bibliothek der Kirchenväter merkt in ihrer Übersetzung dazu an, dass Tertullian dabei wohl an Gen 6,2 denke. Diese Auskunft scheint mir unvollständig zu sein. „Gefallene Engel I“ weiterlesen