Keine Angst, das wird kein fundamentalistischer Schöpfung vs. Evolutions Beitrag, sondern ein kurzer Blick in die Auslegungsgeschichte von Gen 2,2.
Die hebräische Bibel sagt dort: »Und Gott hatte vollendet am siebenten Tage sein Werk, das er gemacht, und ruhete am siebten Tage von all seinem Werke, das er gemacht.« (Zunz) Schon die frühesten Ausleger empfanden diesen Satz als bedenklich: denn wenn Gott am siebten Tag, also dem Schabbat, sein Werk vollendet hatte – dann konnte man daraus doch folgern, dass er eben nicht nur geruht hatte?
Hieronymus greift dieses Argument ausdrücklich auf, wenn er in seinem »Buch der hebräischen Fragen in Genessis« schreibt: »Wir werden daher die Juden bedrängen, die mit der Ruhe des Sabbats prahlen, weil schon damals – im Anfang – der Sabbat ausgelassen wurde, insofern Gott am Sabbat wirkt, seine Werke an ihm vollendendet und den Tag selbst segnet: denn an jenem [Tag] wollte er die ganze Welt vollendet haben« (MÜ von MPL XXIII 988).
Dass diese Auslegung von Gen 2,2 älter ist als Hieronymus erkennt man sehr gut daran, wie die LXX den Vers übersetzt hat: »Und Gott vollendete am sechsten Tag seine Werke, die er gemacht hatte, und er ruhte aus den siebten Tag von all seinen Werken, die er gemacht hatte« (MÜ). Hier sollte also schon von vorneherein der Auslegung begegnet werden, dass Gott selbst den Schabbat nicht gehalten habe.
Der Talmud sieht diese Änderung des hebräischen Textes durch die LXX sogar als gottgewollt (bMegilla 9a) und Raschi schreibt in seinem Kommentar zur Stelle: »Rabbi Schimeon bemerkt: Ein Mensch von Fleisch und Blut kennt nicht genau seine Zeiten, seine Abschnitte und Augenblicke, darum muss er der Sabbat Heiligkeit vom Werktage etwas hinzufügen, Gott aber weiß die Augenblicke, Zeiten und Stunden genau, und bestimmt sie haarscharf, so dass es schien, als wäre die Schöpfung erst am siebten Tag vollendet. Nach Anderen: Was hat der Welt jetzt noch gefehlt? Die Ruhe, mit dem Sabbat kam die Ruhe und mit ihr war das Schöpfungswerk vollendet und fertig.« (Ü. Julius Dessauer)
Dass diese Diskussion schon eine Rolle im Buch der Jubiläen gespielt hat, kann man bei James L. Kugel nachlesen. Alles in allem ist diese Auslegungstradition ein schönes Beispiel für die von Kugel formulierte erste Grundannahme der antiken Ausleger: die Bibel ist ein fundamental kryptisches Buch, das oft B meint, auch wenn es A zu sagen scheint.
Warum das für naturwissenschaftliche Fragen zur Entstehung der Welt keine Relevanz hat, habe ich hier zu begründen versucht.