In der Leseordnung meiner Kirche ist am heutigen Sonntag die Lesung aus Epheser 5 vorgesehen, die einige schwerwiegende Aussagen über das Verhältnis von Mann und Frau enthält, wie zum Beispiel diese: »sondern wie sich die Kirche dem Messias unterordnet – so auch die Frauen den Männern in allem« (Eph 5,24 MÜ). Wie ist es heute möglich, einen solchen Text im Gottesdienst konstruktiv auszulegen?
Ich persönlich würde auf den Text in der Predigt unbedingt eingehen – ich habe oft erlebt, dass er verlesen, aber dann nicht ausgelegt wird. Das halte ich fast für noch schlechter, als diese Lesung einfach auszulassen.
Zwei Dinge scheinen mir bei der Auslegung wichtig zu sein: erstens ist diese Passage Eph 5, 21-33 nicht die Aussage der Bibel über das Geschlechterverhältnis; da gibt es andere (im NT besonders Gal 3,28 – oder aber auch, die Ehrlichkeit gebietet es: 1 Tim 2,13-15). Das gilt auch für das Kirchenbild des Ephesers: während in 1 Kor 12,12+27 alle in der Kirche den ganzen Leib Christi bilden, wird in Eph 5,23 das Haupt dieses Leibes mit dem Messias identifiziert. Das ist ein ähnliches, aber kein identisches Bild wie in 1 Kor 12.
Zweitens gibt der Text in Eph 5 eine Leseanweisung, wenn auch erst am Ende des Abschnitts, wo die Aufmerksamkeit der Zuhörenden vielleicht schon erschöpft oder bereits vergangen ist: tò mystērion tũto méga estín, egō dè légō eis Christòn kai eis tēn ekklēsían. »Dieses Mysterium ist groß, ich deute es auf den Messias und auf die Kirche.« (Eph 5,32 MÜ).
Mit diesem Vers sehe ich als sinnvolle Auslegung die Frage vorgegeben, wie weit die Kirche/die Gemeinde mit dem übereinstimmt, was Christus will – oder wo sie ‚ihren eigenen Kopf‘ hat? Wenn man so will: statt betretenem Schweigen oder patriarchalem Triumphalismus eine spirituelle Vergewisserung: entspricht unser kirchliches oder gemeindliches Handeln dem Willen Christi? Damit sind sicherlich nicht alle Fragen gelöst, die der Text aufgibt, aber es ist vielleicht ein Anfang gemacht.