Historisch-kritische vs. traditionelle Bibelauslegung?

Ein flüchtiger Blick auf die Artikel dieses Blogs zeigt, dass ich grosses Interesse an der traditionellen christlichen und jüdischen Bibelauslegung habe. Da scheint es nahezuliegen, eine Schublade aufzumachen: hier wird ein vorkritischer Zugang vertreten, der sich nicht auf der Höhe der derzeitigen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen bewegt. Aber muss das wirklich so sein? Ohne die Spannungen zwischen traditionellen und historisch-kritischen Zugängen leugnen zu wollen, haben mich einige Beobachtungen in den letzten Monaten zum Grübeln gebracht. Ich will das einmal an zwei Beispielen verdeutlichen.

„Historisch-kritische vs. traditionelle Bibelauslegung?“ weiterlesen

»Der Mann ist das Haupt der Frau«

In der Leseordnung meiner Kirche ist am heutigen Sonntag die Lesung aus Epheser 5 vorgesehen, die einige schwerwiegende Aussagen über das Verhältnis von Mann und Frau enthält, wie zum Beispiel diese: »sondern wie sich die Kirche dem Messias unterordnet  – so auch die Frauen den Männern in allem« (Eph 5,24 MÜ). Wie ist es heute möglich, einen  solchen Text im Gottesdienst konstruktiv auszulegen? „»Der Mann ist das Haupt der Frau«“ weiterlesen

Wo wurde Adam begraben?

Eine merkwürdige Frage, die ich mir so nie gestellt habe – aber jetzt hat die Vulgata mich dazu gebracht. In dieser Übersetzung des Hieronymus – und nur dort – wird Hebron als der Ort der Grablege Adams angegeben, und zwar in Jos 14,15. Weder der masoretische Text, noch die Septuaginta geben das her. Wie kommt also Hieronymus zu seiner Übersetzung?

„Wo wurde Adam begraben?“ weiterlesen

Der Begriff des Autors III

Der bedeutendste Arbeiter am Bibeltext in der Antike war Origenes († nach 251). Seine 50-Bändige (!) Hexapla war der erste Versuch einer textkritischen Ausgabe der Heiligen Schrift.  Dazu kommen noch zahllose Kommentare zu den biblischen Büchern, Hieronymus spricht von über 6000 Schriften. Wie konnte ein einzelner Autor so viel leisten?

„Der Begriff des Autors III“ weiterlesen

Der Begriff des Autors I

In heutiger Zeit ist das Verständnis des Begriffs »Autor« mit urheberrechtlichen Vorstellungen verknüpft – als authentischer und originärer Verfasser erzeugt der Autor einen Text, der sein geistiges Eigentum ist. Weiterverwendung oder gar Bearbeitung ist ohne seine ausdrückliche Einwilligung strafbar. Ist dieser Autoren-Begriff auf die biblischen Texte anwendbar?

„Der Begriff des Autors I“ weiterlesen

Nochmal zum Thema Beschneidung

Nicht weil es so schön war – im Gegenteil, aber zwei Diskussionsbeiträge möchte ich noch hervorheben: Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister aus Wien hat mit dem Vorstandsmitglied der Initiative »Religion ist Privatsache«, Walter Oberhummer im »Kurier« zu dem Thema  diskutiert. Und: Jörg Lau, Journalist bei »DIE ZEIT«, hat in seinem Blog ein Zwischenfazit gezogen.

Und alles war gut?

Die traditionellen Ausleger waren gründliche Leser der biblischen Texte – als moderner Mensch neige ich zu einer oft raschen und oberflächlichen Lektüre. So ist mir nie bewusst gewesen, dass in der Schöpfungserzählung von Gen 1 am zweiten Tag das »und Gott sah, dass es gut war« ausbleibt.

„Und alles war gut?“ weiterlesen

David und Batseba in den Fassungen der LXX

Im letzten Semester haben wir in einem Septuaginta Lektüreseminar die großartige Erzählung von David und seinem Ehebruch mit Batseba gelesen, wobei nicht nur die Unterschiede zwischen dem hebräischen Text und der Septuaginta, sondern die beiden unterschiedlichen Textzeugen innerhalb der griechischen Varianten sehr aufschlussreich sind. „David und Batseba in den Fassungen der LXX“ weiterlesen