Ein epochaler Text: Jakobs Traum von der Himmelsleiter

In Gen 28,10-22 wird erzählt, wie Jakob auf dem Weg nach Haran auf freiem Feld übernachtet und dort einen Traum hat: er sieht Engel auf einer Leiter auf und niedersteigen, und JHWH verspricht ihm Schutz und reiche Nachkommenschaft. Zum Andenken an den Traum errichtet Jakob ein Steinmal und nennt den Ort Bet-El, »Haus  Gottes.« Wie ist der Text zu verstehen?

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Die Steinigung des ungehorsamen Sohnes

Noch ein Klassiker unter den biblischen Texten, die nach einer Auslegung geradezu schreien: »Wenn ein Mann einen unbändigen und widerspenstigen Sohn hat, welcher der Stimme seines Vaters und der Stimme seiner Mutter nicht gehorcht, und sie züchtigen ihn, aber er gehorcht ihnen nicht: so sollen sein Vater und seine Mutter ihn ergreifen und ihn zu den Ältesten seiner Stadt und zum Tore seines Ortes hinausführen, und sollen zu den Ältesten seiner Stadt sprechen: Dieser unser Sohn ist unbändig und widerspenstig, er gehorcht unserer Stimme nicht, er ist ein Schlemmer und Säufer! Und alle Leute seiner Stadt sollen ihn steinigen, daß er sterbe; und du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen. Und ganz Israel soll es hören und sich fürchten.« (Dtn 21,18-21, Elberfelder 1905)

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Gefallene Engel I

Tertullian († um 220) schreibt in seinem Apologeticum: »Doch wie von einigen Engeln, die aus eigenem Willen verdorben wurden, ein noch verdorbeneres Volk von Dämonen hervorging, das von Gott zusammen mit den Urhebern der Nachkommenschaft und mit dem, den wir den Fürsten [=der Satan] genannt haben, verdammt wurde: dieser Hergang wird in den Heiligen Schriften erkannt« (XXII,3). Die Bibliothek der Kirchenväter merkt in ihrer Übersetzung dazu an, dass Tertullian dabei wohl an Gen 6,2 denke. Diese Auskunft scheint mir unvollständig zu sein. „Gefallene Engel I“ weiterlesen

Der unsterbliche Henoch

Eine sehr bemerkenswerte Gestalt aus der Tora ist Henoch, der in der traditionellen Bibelauslegung ein ungeahntes Nachleben erreichte. Dabei kann man sein kurzes Auftauchen in der Genesis mit James L. Kugel durchaus als »Cameo-Auftritt« bezeichnen – aber dessen Folgen reichen bis weit in das Neue Testament und tief in die christliche Theologie hinein.

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Ohne Punkt und Komma

Was dem modernen Leser häufig nicht bewusst ist: die antiken Texte wurden ohne Satzzeichen überliefert. Das kann – gerade bei längeren Texten – zu einer ganz eigenen Herausforderung werden. Denn es macht sinngemäß einen großen Unterschied, wo ein Übersetzer in einem solchen Satz eine Zäsur setzt. Ich will das an einem außergewöhnlich oft im Neuen Testament zitierten Jesaja-Wort verdeutlichen. „Ohne Punkt und Komma“ weiterlesen

»Ich aber sage euch …«

Eine der bekanntesten Formulierungen aus der Bergpredigt ist die mehrfach verwendete Formel: »Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist … ich aber sage euch« (Mt 5,21.27.35). Zusammen mit Mt 5,27+31+38 wird gerne von den »Antithesen« der Bergpredigt gesprochen – aus denen dann weitreichende christologische Folgerungen gezogen werden. Zu Recht? „»Ich aber sage euch …«“ weiterlesen

Das bittere, fluchbringende Wasser (Num 5,11-31)

Ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit eines zweiten und genauen Blicks auf einen schwierigen und anstößige Text bietet das Eifersuchtsordal aus Num 5. Hier wird ausführlich geschildert, wie ein eifersüchtiger Mann seine Frau, die er – ohne Beweise zu haben – des Ehebruchs bezichtigt, in den Tempel bringen soll. Dort bereitet der Priester einen Trunk aus »bitterem und fluchbringendem Wasser«, das im Fall der Untreue »ihren Bauch anschwelle und ihre Hüften einfallen« lassen wird. Wenn ich diesen Text mit einer Gruppe lese, ruft er zunächst immer Entsetzen hervor. Tut er das nicht zu Recht? „Das bittere, fluchbringende Wasser (Num 5,11-31)“ weiterlesen

Copy and paste III

Manchmal reicht die Veränderung eines einzelnen Buchstabens, um den Sinn eines biblischen Satzes dramatisch zu verändern – das gilt nicht nur für die hebräische Bibel, sondern auch für das griechische Neue Testament. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist das der Geschlechtsumwandlung der Junia in einen Junias bei der Abschrift von Röm 16,7. „Copy and paste III“ weiterlesen

Copy and paste II

Ein Mann der alten Kirche, der unglaublich viel geschrieben hat – und von dem unglaublich viel abgeschrieben wurde – war der große Origenes († 254). Bald nach seinem Tod begannen die origenistischen Streitereien, die letztendlich dazu führten, dass dieser »Riese« unter den Theologen als Häretiker bezeichnet wurde. Zu den Verteidigern des Origenes im Westen gehörte Rufin von Aquilea († 412) – dessen Freundschaft mit Hieronymus († 420) wegen dieser Frage zerbrach.  „Copy and paste II“ weiterlesen