Petrus als Satan

Und wieder einmal die Einheitsübersetzung: Als Petrus nach der ersten Leidensankündigung Jesu seinem Herrn den Weg nach Jerusalem ausreden möchte, fährt ihn sein Meister laut EÜ an: »Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen!« (Mt 16,23). Aber in Mt 4,19 wird der gleiche griechische Ausdruck opísō mu mit »folgt mir nach« übersetzt. Ohne auf den Gesamtkontext des Evangeliums zu achten, unterschlägt die Version von Mt 16,23 in der EÜ so, dass die heftige Zurückweisung des Petrus mit einem Ruf in die erneute Nachfolge verbunden ist.  Denn opísō mu heißt hier schlicht und einfach: »hinter mich!«  – eben im Sinne von: folge mir nach (vgl. Mk 8,33+34).

Ohne Punkt und Komma

Was dem modernen Leser häufig nicht bewusst ist: die antiken Texte wurden ohne Satzzeichen überliefert. Das kann – gerade bei längeren Texten – zu einer ganz eigenen Herausforderung werden. Denn es macht sinngemäß einen großen Unterschied, wo ein Übersetzer in einem solchen Satz eine Zäsur setzt. Ich will das an einem außergewöhnlich oft im Neuen Testament zitierten Jesaja-Wort verdeutlichen. „Ohne Punkt und Komma“ weiterlesen

Lieben oder Hassen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin immer wieder gerne auf Diaspora unterwegs, und dort begegnen mir regelmäßig unter dem Stichwort #bible Beiträge, die in Form von Pictogrammen Kritik an der Bibel üben. In diesem Fall werden zwei auf den ersten Blick widersprüchliche Bibeltexte abgebildet: »Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder« (1 Joh 3,15) und »Wenn jemand zu mir kommt und nicht seine Brüder hasst, der kann nicht mein Jünger sein« (Lk 14,26). Der gewünschte Eindruck: die Bibel, ein hochproblematisches Buch. Hier meine 5 Cent dazu:  „Lieben oder Hassen?“ weiterlesen

Götter, Engel oder Söhne Israels?

Ein spannender Text, was seine Übersetzung und Auslegung angeht, ist Dtn 32,8. Hier spielt es alle Stückerln, wie man in Wien sagen würde. Je nachdem welche Textzeugen man befragt, kommt man zu ganz unterschiedlichen Aussagen. In der Einheitsübersetzung lautet der Vers aus dem Lied des Mose: »Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, / als er die Menschen aufteilte, / legte er die Gebiete der Völker / nach der Zahl der Götter fest«. „Götter, Engel oder Söhne Israels?“ weiterlesen

»Jeder Mensch« – oder »ein Mensch«?

Und wieder einmal die Einheitsübersetzung: diesmal hat sie im Buch Kohelet zugeschlagen. Dieses auch als »Prediger«, »Prediger Salomo« oder »Ekklesiastes« bekannte Buch gehört sicher zu den großen Herausforderungen jeder biblischen Auslegung, weil es so quer zum Mainstream der sonstigen Theologie der biblischen Bücher zu stehen scheint. Um so wichtiger ist es, den Textsignalen des Buches zu folgen, die zu einer kohärenten Deutung führen können. „»Jeder Mensch« – oder »ein Mensch«?“ weiterlesen

Die Mischpoche Rahabs in Jericho

Über die Eroberung Jerichos und das dabei geschilderte Gemetzel habe ich hier schon geschrieben, ich möchte zu dieser Frage noch einen kleinen Nachschlag liefern. Der hebräische Text weist eine Eigenheit auf, die den Rabbinen zu denken gab – und sie wiederum zu weitreichenden Schlussfolgerungen führte.  „Die Mischpoche Rahabs in Jericho“ weiterlesen

Gleiches gleich übersetzen?

Den alten Auslegern ist aufgefallen, dass ein Gebot der Tora an drei verschiedenen Stellen  vollkommen identisch formuliert ist – und sie zogen daraus weitreichende Schlüsse über seine Bedeutung und die Reichweite seiner Geltung. „Gleiches gleich übersetzen?“ weiterlesen

Der Gottesnamen in der Liturgie

In der Osternacht ist es mir wieder aufgefallen: in der vorgeschriebenen Lesung aus Ex 14 (die Rettung Israels am Schilfmeer) wird im katholischen Lektionar, das der Einheitsübersetzung folgt,  in Vers 25 das Tetragrammaton (gr.: der »aus Vier Buchstaben geschriebene« Gottesnamen JHWH) ausgeschrieben. Ich finde das in mehrfacher Hinsicht ärgerlich.  „Der Gottesnamen in der Liturgie“ weiterlesen

Zu Psalm 7-9 in der Einheitsübersetzung

Ein wichtiges Mittel der Psalmenauslegung ist die Beachtung ihrer Anordnung und Stichwortverknüpfung. Wesentliche Komponenten des Psalters gehen verloren, wenn man sie nicht im Blick behält.  „Zu Psalm 7-9 in der Einheitsübersetzung“ weiterlesen

Septuaginta V

Im letzten Posting habe ich gezeigt, dass die LXX aus dem »himmlischen Heer« des hebräischen Textes in Gen 2,1 eine »Ordnung« oder einen »Schmuck« gemacht hat. Ich möchte an einigen weiteren Beispielen aufweisen, wie die Septuaginta den hebräischen Text nicht nur übersetzt, sondern auch glättet, verdeutlicht oder sogar korrigiert. „Septuaginta V“ weiterlesen