Rezension von „Bibel falsch verstanden“

Das ist ein Buch, das ich gerne bespreche, denn es behandelt einen Themenbereich, das das zentrale Anliegen dieses Blogs ist: die Auslegung der Bibel. Und es ist von Autoren und Autorinnen geschrieben worden, die ich teilweise persönlich kenne und schätze.

Thomas Hieke und Konrad Huber, also der Alt- und der Neutestamentler an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Mainz sind die Herausgeber von Bibel Falsch verstanden. Hartnäckige Fehldeutungen biblischer Texte erklärt. Nach ihrem einleitenden Vorwort werden in 33 Beispielen – 20 aus dem AT, 13 aus dem NT – klassische Fehldeutungen von Bibelstellen besprochen und erklärt.

Die Herausgeber schreiben im Vorwort:

Das Ergebnis unserer Überlegungen ist zunächst ein Buch. Aber eigentlich müsste man eine erweiterbare Lose-Blatt-Sammlung oder, moderner, einen Blog schreiben, denn nicht nur der vielen Bücher, sondern auch der vielen Fehldeutungen zur Bibel ist leider kein Ende. (S. 12)

Einer solchen Aussage (die Koh 12,12 einspielt) kann man als Betreiber eines Blogs zur Bibel-Auslegung nur beipflichten. Leider stellt der Verlag kein Inhaltsverzeichnis des Buches online zur Verfügung1, deshalb beschränke ich mich darauf, die Themen des Buches hier aufzulisten, die ich in diesem Blog ebenfalls bereits angesprochen habe – was nicht bedeutet, dass das Buch zu diesen Themen keinen Mehrwert böte!

Die Artikel sind durchgängig gut geschrieben, bewegen sich auf der Höhe der gegenwärtigen Forschung und enthalten wertvolle Hinweise zur weiterführenden Literatur.

Gibt es auch etwas zu meckern? Ja, das aber auf hohem Niveau: dass in dem Beitrag über den Heiligen Gottesnamen aus Ex 3 mehrfach von einem „Kosenamen“ Gottes (im Original auch mit Anführungszeichen) die Rede ist, lässt mich einen Kollateralschaden dieser Diskussion vermuten (oder unterstellen?).

Die physische Gestalt des Buches irritiert: extremer Großdruck – augenfreundlich zwar – aber ich befürchte, dass der Verlag einem jüngeren Publikum gar kein Interesse mehr an diesen Themen zutraut.

Das war’s aber auch schon – das Buch bekommt von mir eine uneingeschränkte Lese- bzw. Kauf-Empfehlung.


  1. Falls doch, wäre ich für einen entsprechenden Hinweis dankbar

3 Gedanken zu „Rezension von „Bibel falsch verstanden““

  1. Das Buch ist wirklich empfehlenswert – ich habe es heute aus der Buchhandlung geholt. Den relativ großen Druck und damit verbunden die Zeilenabstände finde ich äußerst positiv – nicht, weil ich Kleingedrucktes nicht mehr lesen kann, sondern weil sehr viele Leute, egal welchen Alters, bei einem sehr dichten Schriftbild in Panik geraten und sofort annehmen, es handle sich um in jeder Hinsicht schwer Lesbares.
    Ich versuche immer wieder, interessierte Menschen zum Lesen wichtiger Artikel oder Bücher zu motivieren, und die Argumente der Verweigerer sind neben fremdsprachigen Zitaten („Ich kann nicht Latein/Griechisch/ Hebräisch“, selbst wenn die Übersetzung daneben oder in einer Fußnote abgedruckt ist) oft auch das Schriftbild, auch wenn der entsprechende Text inhaltlich keinerlei Vorbildung verlangt: Kleingedrucktes wird häufig als schwierig wahrgenommen.
    Ich hoffe sehr, dass ich gerade deshalb beim Verborgen oder Verschenken dieses Buches mehr Erfolg als sonst haben werde.

  2. Ich empfinde viele Kapitel des Buches als misslungene, oft ärgerliche Versuche, die oftmals widersprüchlichen und ihrer Entstehungszeit verhafteten Aussagen der Bibel so darzustellen, dass sie heutigen Menschen akzeptabel erscheinen und mit heutigem ethischen Vorstellungen vereinbar sind.
    Beispiel: „Auge um Auge …“ soll nicht Blutrache bedeuten. Mag sein. Aber Mose ist bezüglich der Blutrache sehr deutlich, z. B. 5Mo 19:11-12: „[…] Er soll sterben.“ Nichts von Geldstrafe.
    Es ist mir unverständlich, wie man als Autor meinen kann, so offensichtlich gegen den Text zu interpretieren und dafür Zustimmung zu finden. Da hilft kein Rückgriff auf hebräische Urtexte mit der Behauptung, diese seien entstellend übersetzt worden, oder ein Verweis auf erkärende, richtigstellende Kontexte.
    Dass es auch hilfreiche, plausible Kapitel in dem Buch gibt, macht es als Gesamtwerk wenig besser. Das Vertrauen in die Autoren wird an anderer Stelle verspielt.

    1. Was mir an Ihrem Kommentar auffällt, ist gut wienerisch gesprochen, der Grant mit dem er verfasst wurde. Könnte es sein, dass sich hier jemand ärgert, dass eine fundamentalistische Lektüre der Bibel nicht funktioniert und dass unsere heutigen Wertvorstellungen vielleicht doch biblischer geprägt sind, als Ihnen lieb zu sein scheint? In Dtn 19,11-12 geht es nicht um Blutrache, sondern darum, dass das Asylrecht nicht dazu führen durfte, Mördern Straffreiheit zu erwirken.

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