Neues aus der Welt der Papyrologie

Es tut sich was in der Welt der Handschriften und ich möchte es für Sie kurz zusammenfassen.

Die Egypt Exploration Society hat den nächsten Band der Oxyrhynchus Papyri herausgegeben, es handelt sich um den 87. der Reihe. Darin hat ein Papyrus besonderes Aufsehen hervorgerufen: P. Oxy. 5575, der von den Herausgebern auf das 2. Jh. datiert wird. Brent Nongbri hat in seinem Blog darauf hingewiesen, dass dieser Papyrus Teil des großen Papyrus-Skandals gewesen ist: Er wurde widerrechtlich an die Green-Family verkauft, die ihn für ihr ominöses Museum of the Bible erwarb. Peter Gurry vom Evangelical Textual Criticism erinnert sich daran, als Student 2012 an diesem Papyrus gearbeitet zu haben.

Ursprünglich wurde der Papyrus von den Evangelikalen als frühes Fragment des Lukas-Evangeliums angepriesen, mittlerweile steht wohl fest, dass es sich um eine interessante Mischung aus Jesus-Worten handelt, die bisher aus dem Matthäus-, Lukas und Thomas-Evangelium bekannt waren. Brent Nongbri hat in seinem Blog anschaulich gezeigt, wie es zur Datierung in der jetzigen wissenschaftlichen Edition kam: Sie wurde paläografisch bestimmt, indem man die Handschrift mit der anderer Papyri verglich, die sich im Idealfall datieren lassen, weil sie z.B. als Brief datiert sind. Nongbri hat eindrucksvoll gezeigt, wie fehleranfällig eine solche Datierung ist, deshalb würde ich hinter das zweite Jahrhundert ein fettes Fragezeichen stellen.

Wir gehen nach Graz: Dort hat Theresa Zammit Lupi einen Codex entdeckt, der deutlich älter sein dürfte, als alle bisher bekannten Exemplare. Sie datiert ihn auf 260 vor Christus, die anderen bekannten Exemplare wurden ab 200 n. Chr. datiert. Um noch einmal Brent Nongbri zu zitieren: Er sieht diese Publikation als vielversprechend an. Traurig hat mich gestimmt, was die Wissenschaftlerin im Interview mit der Kleinen Zeitung über den persönlichen Preis ihres akademischen Erfolges erzählt hat: „Es ist ein einsamer Job.“

Zuletzt noch ein Link: Die Uni Münster hat ein Interview mit Holger Strutwolf veröffentlich, dem Mastermind hinter dem Institut für neutestamentliche Textforschung. Er erzählt unter dem Titel „Dem Neuen Testament auf der Spur“ von der „Detektivarbeit“ an seinem Institut. Danke an meinen Kollegen Dr. Piotr Kubasiak für diesen spannenden Hinweis.

Quelle des Beitragsbildes: archive.org

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