Gog und Magog III

Ich habe ja etwas ausführlicher über die verschiedenen Verirrungen bei den Auslegungsversuchen zu Gog und Magog gesprochen. Das musste aber schon in der Antike nicht immer so sein. Es gab durchaus auch vernünftige Stimmen zu diesem Thema.

Flavius Josephus

Bei Flavius Josephus (37 – ca. 100 CE) war alles noch ganz einfach: »Denn Gomer gründete die, die jetzt von den Griechen Galater genannt werden, aber Gomerer hießen. Magog gründete die Magogiter, die nach ihm benannt sind, sie werden von ihnen (den Griechen) als Skythen angesprochen.« 1 (MÜ; Antiquitates I,6,123) Irgendwelche apokalyptischen Erwartungen verband Josephus mit diesem Thema nicht.

Hieronymus

Hieronymus, der in seinem Buch über die hebräischen Fragen zur Genesis in seinen Ausführungen zu Gen 10 ausgiebig Anleihen bei Josephus nimmt, kennt auch die Deutung des Ambrosius. Ohne den Mailänder Bischof namentlich zu nennen, schreibt er:

»Ich weiß, dass jemand Gog und Magog an der vorliegenden (Genesis)Stelle wie auch bei Ezechiel auf die Geschichte der Goten, die kürzlich in unserem Land rasten, bezogen hat. Ob das allerdings wahr ist, wird sich am Ende des Kampfes zeigen. Sicher haben früher alle Gebildeten gewöhnlich die Goten eher als Geten, statt als Gog und Magog bezeichnet. Diese sieben Stämme also, die – wie ich erwähnt habe – vom Stamm Japhet kommen – bewohnen die Gegend des Nordens (den Norden).« (MÜ, Liber Hebraicrum Quaestionem in Genesim, 1000)

Hieronymus dürfte überhaupt einen großen Respekt vor dem Mailänder Bischof gehabt haben, denn auch in seinem Ezechiel Kommentar nennt er seinen Namen auch dann nicht, wenn er Ambrosius wörtlich zitiert!

»In Bezug auf diese höchst schwierige Weissagung erinnere ich in Kürze daran, was ein nicht gerade unbekannter Zeitgenosse in einem Schreiben an den Kaiser über diesen Volksstamm erwähnte: »Dieser Gog ist der Gote«. Wie alles, was in ihr (= in der Weissagung) geschrieben wurde, daran angepasst/angeknüpft werden kann, das zu erörtern ist nicht meine Aufgabe, sondern die derer, die dies (= dass Gog der Gote ist) glauben.« (MÜ, MPL XXV, 326) 2

Augustinus

Auch Augustinus glaubte die Deutung seines verehrten Lehrers nicht; trotz seiner seltsamen Etymologie wird im Gottesstaat XX,11 deutlich, dass der nordafrikanische Kirchenvater sich in seiner Auslegung einer konkreten politischen Zuschreibung verweigerte.

Im nächsten Beitrag zeige ich, wie nach dem Hinweis von Hieronymus im Norden nach Gog und Magog gesucht wurde.

PS: Was heutige Forscher zu Gog und Magog sagen, können Sie hier nachlesen.

Fortsetzung

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  1. τοὺς γὰρ νῦν ὑφ᾽ Ἑλλήνων Γαλάτας καλουμένους, Γομαρεῖς δὲ λεγομένους, Γόμαρος ἔκτισε. Μαγώγης δὲ τοὺς ἀπ᾽ αὐτοῦ Μαγώγας ὀνομασθέντας ᾤκισεν, Σκύθας δὲ ὑπ᾽ αὐτῶν προσαγορευομένους.
  2. Eine »scharfe Zurückweisung« sieht anders aus! (gegen Christoph Markschies: Ambrosius von Mailand und die Trinitätstheologie S. 138 Fußnote 304

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