Nicht christliche Quellen über Jesus von Nazaret I

Ich möchte hier einige nichtchristliche Quellen über das Leben Jesu vorstellen, und beginne hier mit der berühmten Passage aus den Annalen des römischen Historikers Publius Cornelius Tacitus (ca. 55 – 116 n. Chr.).

Das Bild zeigt den fraglichen Text in einer Ausgabe von 1544, die in Basel gedruckt wurde. Sie wird heute in der Bayrischen Staatsbibliothek aufbewahrt und ist via Europeana zugänglich.

Publius Cornelius Tacitus: Aus den Annales XV, Druck Basel 1544; heute: Bayrische Staatsbibilothek
Publius Cornelius Tacitus: Aus den Annales XV, Druck Basel 1544; heute: Bayrische Staatsbibilothek

Hier der Text in unserer heutigen Schreibweise:

Sed non ope humana, non largitionibus principis aut deum placamentis decedebat infamia, quin iussum incendium crederetur. ergo abolendo rumori Nero subdidit reos et quaesitissimis poenis adfecit, quos per flagitia invisos vulgus Chrestianos appellabat. auctor nominis eius Christus Tibero imperitante per procuratorem Pontium Pilatum supplicio adfectus erat; repressaque in praesens exitiabilis superstitio rursum erumpebat, non modo per Iudaeam, originem eius mali, sed per urbem etiam, quo cuncta undique atrocia aut pudenda confluunt celebranturque. igitur primum correpti qui fatebantur, deinde indicio eorum multitudo ingens haud proinde in crimine incendii quam odio humani generis convicti sunt. et pereuntibus addita ludibria, ut ferarum tergis contecti laniatu canum interirent aut crucibus adfixi [aut flammandi atque], ubi defecisset dies, in usu[m] nocturni luminis urerentur. hortos suos ei spectaculo Nero obtulerat, et circense ludicrum edebat, habitu aurigae permixtus plebi vel curriculo insistens. unde quamquam adversus sontes et novissima exempla meritos miseratio oriebatur, tamquam non utilitate publica, sed in saevitiam unius absumerentur. (XV, 44)

»Aber nicht durch menschliche Bemühung, nicht durch Spenden des Princeps oder Sühnungen der Götter verschwand die üble Nachrede, so dass man glaubte, die Brandstiftung sei befohlen worden. Daher schob Nero, um das Gerücht zu zerstreuen, Angeklagte vor und belegte mit den ausgesuchtesten Strafen, die wegen ihrer Schandtaten verhasst, das Volk Chrestianer nennt. Der Urheber dieses Namens – Christus – war während der Herrschaft des Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden. Und der für den Augenblick unterdrückte verderbliche Aberglaube brach von neuem aus, nicht nur in Judäa, dem Ursprung dieses Übels, sondern auch in der Stadt [Rom], wo alles abscheuliche und schändliche von überall her zusammenströmt und öffentlich verbreitet wird. Folglich wurden zuerst die ergriffen, die sich [als Christen] zu erkennen gaben, darauf durch deren Verrat eine ungeheure Menge, die nicht so sehr wegen dem Verbrechen der Brandstiftung, als wegen dem Hass auf das Menschengeschlecht verurteilt wurden. Und die Sterbenden wurden noch verhöhnt, dass sie mit Fellen wilder Tiere bedeckt durch das Zerfleischen der Hunde umkamen, entweder an Kreuze geheftet oder durch Anzünden, und wenn der Tag zu Ende gegangen war, wurden sie zum Gebrauch als nächtliche Lichter verbrannt. Nero hatte seine Gartenanlagen für dieses Spektakel zur Verfügung gestellt und veranstaltete ein Zirkusspiel, indem er sich im Gewand eines Wagenlenkers unter die Volksmenge mischte oder sich auf einen Rennwagen stellte. Daher rührte das Mitleid gegen die Schuldigen, obwohl sie die strengsten Strafen verdient hatten, als ob sie nicht zum öffentlichen Wohl, sondern durch die Brutalität eines Einzelnen umgekommen wären.« (Annalen, XV, 44 MÜ)

Der Pilatus Stein aus Caesarea

Der Pilatusstein. Quelle: wikimedia commons
Der Pilatusstein. Quelle: wikimedia commons

1961 wurde dieser Stein mit lateinischer Inschrift im Amphitheater von Caesarea entdeckt. Er enthält die noch leserliche Angabe:

[?]S TIBERIÉUM
[PON]TIUS PILATUS
[PRAE]FECTUS IUDAE[AE]

Übersetzung:
[? ] das Tiberiéum (ein Gebäude zu Ehren des Caesars Tiberius)
[…. Pon]tius Pilatus
[…. Prä]fekt von Judä[a]

Ziemlich sicher ist der Stein also der Überrest einer Weihetafel, in der Pilatus sich als Errichter eines Gebäudes 1 zu Ehren seines Kaisers Tiberius verewigt hat. Auf der einen Seite ist die Inschrift eine Bestätigung für die Angabe des Tacitus, auf der anderen Seite beinhaltet sie eine kleine Korrektur: Pilatus war nicht Prokurator, sondern Präfekt von Judäa.

(Fortsetzung)

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  1. Nach Jens Schröter/Jürgen Zangenberg (Hg.): Texte zur Umwelt des Neuen Testamentes, Mohr Siebeck, Tübingen 32013, S. 67 handele es sich dabei um einen Leuchtturm.

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