Die entscheidende Frage im Zusammenhang mit der Auslegung der Bibel stellt im Neuen Testament ein Afrikaner in Apg 8,26-31:
²⁶ Ἄγγελος δὲ κυρίου ἐλάλησεν πρὸς Φίλιππον λέγων· ἀνάστηθι καὶ πορεύου κατὰ μεσημβρίαν ἐπὶ τὴν ὁδὸν τὴν καταβαίνουσαν ἀπὸ Ἰερουσαλὴμ εἰς Γάζαν, αὕτη ἐστὶν ἔρημος. ²⁷ καὶ ἀναστὰς ἐπορεύθη. καὶ ἰδοὺ ἀνὴρ Αἰθίοψ εὐνοῦχος δυνάστης Κανδάκης βασιλίσσης Αἰθιόπων, ὃς ἦν ἐπὶ πάσης τῆς γάζης αὐτῆς, ὃς ἐληλύθει προσκυνήσων εἰς Ἰερουσαλήμ, ²⁸ ἦν τε ὑποστρέφων καὶ καθήμενος ἐπὶ τοῦ ἅρματος αὐτοῦ καὶ ἀνεγίνωσκεν τὸν προφήτην Ἠσαΐαν. ²⁹ εἶπεν δὲ τὸ πνεῦμα τῷ Φιλίππῳ· πρόσελθε καὶ κολλήθητι τῷ ἅρματι τούτῳ. ³⁰ προσδραμὼν δὲ ὁ Φίλιππος ἤκουσεν αὐτοῦ ἀναγινώσκοντος Ἠσαΐαν τὸν προφήτην καὶ εἶπεν· ἆρά γε γινώσκεις ἃ ἀναγινώσκεις; ³¹ ὁ δὲ εἶπεν· πῶς γὰρ ἂν δυναίμην ἐὰν μή τις ὁδηγήσει με; παρεκάλεσέν τε τὸν Φίλιππον ἀναβάντα καθίσαι σὺν αὐτῷ.
²⁷ Und indem er aufstand, ging er. Und siehe: Ein äthiopischer Mann, ein Kämmerer2, Hofbeamter der Kandake, der Königin der Äthiopier, der über ihre ganze Schatzkammer war, der war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten.
²⁸ Er war dabei, zurückzukehren und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Isaias.
²⁹ Der Geist sagte zu Philippos: Geh hin und hefte dich an diesen Wagen3.
³⁰ Als der Philippos hinzulief, hörte er ihn den Propheten Isaias lesen und sagte: Verstehst Du überhaupt, was du liest?
³¹ Der sagt: Wie könnte ich denn, wenn nicht einer mir den Weg weisen wird? Er rief den Philippos herbei, hinaufzusteigen und sich mit ihm zu setzen.
Die entscheidende Frage lautet wörtlich übersetzt im Griechischen: Erkennst Du, was Du wiedererkennst (ginṓskeis hà anaginṓskeis)? Die Antwort des Äthiopiers ist im Griechischen auch sprechend: Wie könnte ich denn, wenn nicht einer mir den Weg weisen wird (hodegḗsei me)? Das Verb hodēgéō enthält das Wort hodós – Weg.
Hieronymus kannte diese Etymologie und schreibt deshalb in seinem Brief an den Presbyter Paulinus, nachdem er die Erzählung aus der Apostelgeschichte angeführt hat:
… ut intellegeres te in scripturis sanctis sine praeuio et monstrante semitam non posse ingredi. (CSEL LIV, S. 452)
… dass du einsiehst, dass es dir unmöglich ist, sich auf die Heiligen Schriften einzulassen, ohne einen der vorausgeht und den Weg zeigt. (Brief 53, 6 )
Mir gefällt dieser Zugang und ich hoffe, dass manche Artikel dieses Blogs zu einer Hodogese beitragen können. Die Geschichte selbst geht dann weiter als „Per Anhalter durch die Bibel“ …
Nachtrag vom 22. Juni 2023
Wie der Äthioper gelesen haben könnte, wird in diesem lesenswerten Artikel von Carsten Burfeind beleuchtet.
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Der Ausdruck katà mesēmbrían ist doppeldeutig: „um die Mittagszeit“ oder „nach Süden“.↩︎
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Im Griechischen steht hier das Wort eunouchos, das aber zur Zeit der Apostelgeschichte nicht unbedingt Eunuch bedeutet haben muss. Es leitet sich ab von eunḗ (Bett) und exō und bedeutet eigentlich Betthüter. Ich habe es deshalb mit Kämmerer übersetzt. Hieronymus folgert aus der Bezeichnung „ein äthiopischer Mann“, dass der Beamte kein Eunuch gewesen sei. (Brief LIII,5) ↩︎
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War Philippos ein Klimakleber? Eher nicht, aber das griechische Verb kolláō bedeutet „zusammenleimen“, „zusammenfügen“, „verbinden“. Von ihm leitet sich der Ausdruck Kollagen ab.↩︎