Auf Diaspora bin ich wieder einmal – die üblichen Verdächtigen – auf ein Bibel-Hass-Posting gestoßen. Es hilft zwar nichts, aber ich will es trotzdem nicht unwidersprochen lassen.
Das von etlichen Kraftausdrücken begleitete Posting schlug vor, die Bibel in die Erwachsenenabteilung der Buchhandlungen zu verräumen, denn nach der Bibel müssten Kain und Henoch – da die Zeugung ihrer Frauen durch Adam und Eva nirgends erwähnt werde – sich also entweder mit der eigenen Mutter oder aber zumindest mit leiblichen Schwestern vermehrt haben (Gen 4,17 ff.). Daher: die Bibel – ein irrer Schweinekram, eine Lektüre für mental Gestörte oder Perverse.
Schon erstaunlich, dass diese Postings nicht reflektieren, wie sie Deutungen über den Text stülpen, die sich einer extrem seltsamen Auslegung der Bibel verdanken. Im Endeffekt läuft das immer nach demselben Muster ab: man trage eine vollständig bescheuerte Deutung vor und alteriere sich dann über den „grauenhaften“ Text.
Ein paar Anmerkungen:
Adam (אדם) ist hebräisch und bedeutet Mensch. Eva – hebräisch chawwāh (חוה) – bedeutet nach Gen 3,20:
וַיִּקְרָא הָֽאָדָם שֵׁם אִשְׁתּוֹ חַוָּה כִּי הִוא הָֽיְתָה אֵם כָּל־חָֽי׃
»Und der Mensch rief den Namen seiner Frau chawwāh, denn sie wurde die Mutter alles Lebendigen«. (MÜ)
Dahinter steht ein hebräisches Wortspiel, das Eva- chawwāh (חוה) von dem Wort chai = Leben ableitet, hinter dem das Verb chajah (חיה) steht 1. Im Sinne unserer Bibelhasser müsste Eva also nicht nur alle Menschen, sondern eigentlich auch alle Tiere geboren haben, da sie »die Mutter alles Lebendigen ist«.
Ich denke, diese kleine Etymologie deutet schon an, worum es in den Genesis-Erzählungen wirklich geht: keine Reportagen aus grauer Vorzeit 2, sondern Aussagen über den lebendigen Menschen – jeden Menschen. Die zahlreichen Genealogien der Genesis bringen zum Ausdruck, dass alle Menschen verwandt sind – und jedem Mörder gilt die Frage: Wo ist dein Bruder Abel? 3