In meiner zweiten Heimatstadt Wien wird heute noch ein Deutsch gesprochen, das viele Begriffe kennt, die über das Jiddische aus dem Hebräischen eingewandert sind. Eine Kostbarkeit ist das schöne Wort »Nebochant« – zu dessen Etymologie ich hier einen Vorschlag mache:
Wer den Ausdruck nicht kennt, hier eine klassische Verwendung – Helmut Qualtinger in »Travnicek in der Apotheke« (4’43-4’48):
Nach einer gängigen Erklärung solle sich das Wort von nebbich ableiten- was mich nicht wirklich überzeugt. Ich denke, das dahinterstehende hebräische Verb ist בוך – verwirrt sein.
So heisst es in Ex 14,3:
וְאָמַר פַּרְעֹה לִבְנֵי יִשְׂרָאֵל נְבֻכִים הֵם בָּאָרֶץ סָגַר עֲלֵיהֶם הַמִּדְבָּֽר׃
Pharao aber wird von den bene Israel sagen: »Verwirrt sind sie im Lande, eingeschlossen hat sie die Wüste«. (Ü: Benno Jacob)
Der Ausdruck für verwirrt – nevuchim (das ב wird weich ausgesprochen, wie ein deutsches w) – hat Maimonides zum Titel seines großen Werkes angeregt: מורה נבוכים – Moreh Nevuchim – lat. Doctor Perplexorum – dt.: Lehrer der Verwirrten.
Meine These: der Nebochant kommt von dieser Wurzel und ist ein verwirrter Mensch, der nicht ein noch aus weiß.