Der Kirchenvater gibt dazu eine bemerkenswerte Erklärung in seinem Brief 125 an Rusticus (CSEL LVI, 131), die ich hier in meiner Übersetzung wiedergebe. Um es vorwegzunehmen: es geschah ad remedium concupiscentiae …. 12. Als ich ein junger Mann war und mich die einsame Wüste umgab, war ich nicht imstande, die Verlockungen zur Sünde und die Glut der Natur zu ertragen. 1 Obwohl ich sie durch häufiges Fasten bändigen wollte, brannte mein Geist schon beim (bloßen) Gedanken (daran). Um ihn gänzlich zu bezwingen, begab ich mich bei einem Bruder, der von den Hebräern zum Glauben gekommen war, in die Lehre, um dort nach den Spitzfindigkeien des Quintilian, nach dem Redefluss des Cicero, nach der Strenge des Fronto 2 und der Gelassenheit des Plinius ein (neues) Alphabet zu erlernen. (Dabei) studierte ich knirschend und keuchend Worte ein. Was ich dort an Arbeit auf mich nahm, was ich an Schwierigkeiten zu ertragen hatte, wie oft ich verzweifelte, wie oft ich unterbrochen und neuerlich durch den Eifer zu lernen begonnen habe: Das bezeugt das gemeinsame Wissen, und zwar meines, der ich gelitten habe, und das derer, die mit mir ein gemeinsames Leben führten. Ich danke dem Herrn, dass ich durch den bitteren Samen der Buchstaben süße Früchte gewinne.
Hier das lateinische Original: 12. Dum essem iuuenis et solitudinis me deserta uallarent, incentiua uitiorum ardoremque naturae ferre non poteram; quae cum crebris ieiuniis frangerem, mens tamen cogitationibus aestuabat. ad quam edomandam cuidam fratri, qui ex Hebraeis crediderat, me in disciplinam dedi, ut post Quintiliani acumina Ciceronisque fluuios grauitatemque Frontonis et lenitatem Plinii alphabetum discerem, stridentia anhelantiaque uerba meditarer. quid ibi laboris insumpserim, quid sustinuerim difficultatis, quotiens desperauerim quotiensque cessauerim et contentione discendi rursus inceperim, testis est conscientia tam mea, qui passus sum, quam eorum, qui mecum duxere uitam. et gratias ago domino, quod de amaro semine litterarum dulces fructus capio.
Der Mann spricht mir voll aus der Seele! Er benutzt sogar dieselben Worte, wie ich sie benutze, um zu beschreiben, was ich erlitten habe und erleide, um diese fremden Worte nach mehreren Anläufen und Unterbrechungen mit noch mehr Hartnäckigkeit zu lernen und, nach dem harten Selbststudium der Grammatik, jetzt so langsam die Früchte genießen zu dürfen!