Autorenschaft und Authentizität

Ich lese derzeit den unglaublich beeindruckenden Roman »Leben und Schicksal« von Wassili Grossman, eine Folgelektüre der hier schon angesprochenen »Bloodlands« von Timothy Snyder. Auf S. 286 diskutieren Kommissar Nikolai Grigojewitsch Krymow und General Gurjew mitten in der Verteidigung Stalingrads über Tolstois »Krieg und Frieden«. Gurjew: »Das ist ein Buch, das haben die Leute schon hundert Jahre lang gelesen und werden es noch in hundert Jahren lesen. Und warum? Weil er selbst am Krieg teilgenommen, selbst gekämpft hat; der hat gewusst, über wen er schreiben musste.«
Krymow: »Entschuldigen Sie, Genosse General, Tolstoi hat nicht am Vaterländischen Krieg teilgenommen.«
Gurjew: »Was soll das heißen, wie soll er denn nicht teilgenommen haben?«
Krymow: »Ganz einfach, er hat nicht teilgenommen. Tolstoi war noch nicht einmal geboren, als der Krieg gegen Napoleon stattfand.«
Gurjew: »War noch nicht geboren? Wie denn das, war noch nicht geboren? Wer hat es dann für ihn geschrieben, wenn er noch nicht geboren war? Ha? Was meinen Sie?« 1

Grossman läßt die Szene mit der Bemerkung ausklingen, dass es zwischen den beiden Männern zu einem wütenden Streit kam, bei dem es Krymow nicht gelang, den General mit seinen Argumenten zu überzeugen.

Warum kommt mir diese Szene nur so bekannt vor?

ISBN Nummer des Buches von Wassili Grossman
ISBN Nummer des Buches von Wassili Grossman

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  1. Ü: Madeleine von Ballestrem, Arkadi Dorfmann, Elisabeth Markstein und Annelore Nitschke

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