Amihai Mazar, Leiter der Ausgrabungen des Tel Reḥov durch das Institut für Archäologie der Hebrew University in Jerusalem ist der Meinung, eine Tonscherbe aus dem 10. Jh. BCE gefunden zu haben, die mit dem Namen des biblischen Propheten Elischa beschrieben sei. Mich überzeugt er damit nicht.
In dem gemeinsam mit Shmuel Aḥituv verfassten Aufsatz beschreibt Prof. Mazar den Fund aus dem Ausgrabungsbereich C als eine graue, zerbrochene Tonscherbe, die offensichtlich nicht Teil eines ursprünglich vollständigen Kruges, sondern bereits ein Ostrakon gewesen sei. Möglicherweise habe die auf zwei Teilen des zerbrochenen Ostrakons zu lesende Inschrift in roter Tinte nicht nur אלישע gelautet, sondern sogar das Präfix ל aufgewiesen – also »von« oder »für Elischa«. Nachdem Ort und Zeit des Fundes gut zum historischen Elischa passen, schreiben die beiden Autoren:
»Wir vermuten – mit der nötigen Vorsicht und im vollen Bewusstsein der Gefahren, die eine solchen Identifizierung mit sich bringt – die Möglichkeit, dass der auf unserer Inschrift erwähnte Elischa der Prophet Elischa, Sohn des Schafat, ist.« (S. 50, MÜ)
Das ist sehr defensiv formuliert – und dafür gibt es gute Gründe. Dankenswerterweise haben die beiden Autoren eine Abbildung des Ostrakons beigefügt, aus der man ersehen kann, dass die Lesart אלישע alles andere als gesichert ist. Eindeutig lesbar sind nur die beiden Buchstaben יש – der Rest ist, wie die S. 49 zeigt, höchst unsicher.
Also, falls ein Wort auf einem Ostrakon, bestehend aus fünf Buchstaben, von denen sicher nur zwei zu lesen sind, wirklich Elischa bedeutet, könnte damit der biblische Prophet gemeint sein. Dabei bliebe immer noch unklar, warum der Namen, falls es sich um einen solchen handelt, überhaupt notiert wurde.
Man sieht: auch Archäologie ist Auslegungssache.