Untersuchungen – Kapitel 3

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(Cap. III – Vers. 1) »Serpens autem erat sapientior cunctis bestiis super terram«. Pro sapiente in Hebraeo habetur AROM (ארום), quod Aquila et Theodotion πανοῦργον interpretati sunt: hoc est, nequam et versipellem. Magis itaque ex hoc verbo calliditas et versutia, quam sapientia demonstratur.

(Gen 3,1) »Die Schlange aber war weiser als alle Tiere auf der Erde«. Für weise steht im Hebräischen arum, was Aquila und Theodotion als verschlagen ausgelegt haben, das heißt nichtsnutzig und schlau. Daher zeigt sich in diesem Wort mehr Verschlagenheit und Hinterlist als Weisheit.

(Vers. 8) »Et audierunt vocem Domini Dei ambulantis in paradiso ad vesperam«. In plerisque codicibus Latinorum, pro eo quod hic posuimus ad vesperam, post meridiem habet: quia τὸ δειλινὸν Graecum sermonem ad verbum transferre non possumus: pro quo in Hebraeo scriptum est LARUE AIOM (לרוח היום), quod Aquila interpretatus est ἐν τῷ ἀνέμω τῆς ἡμέρας, id est, in vento diei. Symmachus vero διὰ πνεύματος ἡμέρας, id est, per spiritum diei. Porro Theodotion manifestius ἐν τῷ πνεύματι πρὸς κατάψυξιν τῆς ἡμέρας, ut meridiano calore transacto, refrigerium aurae spirantis ostenderet.

(Gen 3,8) »Und sie hörten die Stimme Gottes, des Herrn, als er im Paradies am Abend spazieren ging«. In der Mehrzahl der lateinischen Handschriften steht nachmittags für den Ausdruck am Abend, den wir hier verwendet haben, weil wir ja den griechischen Ausdruck tò deilinòn1 nicht wörtlich übersetzen können: für das, was in Hebräisch lǝ ruach hajjōm geschrieben wird, das hat Aquila als im Tageswind ausgelegt, das heißt: im Wind des Tages. Symmachus aber durch den Hauch des Tages, das heißt durch den Geist Gottes. Weiters ist Theodotion noch deutlicher: im Wehen des Tages zu Abkühlung, um, nachdem die Hitze des Mittags vergangen ist, die Abkühlung des wehenden Windes anzuzeigen.

(Vers. 14) »Super pectus tuum, et ventrem tuum ambulabis«. Ventrem Septuaginta interpretes addiderunt: caeterum in Hebraeo pectus tantum habet: ut calliditatem et versutias cogitationum eius aperiret: quod omnes gressus eius nequitiae essent, et fraudes. Sed et id quod sequitur: »Terram manducabis«. Pro terra APHAR (עפר) scriptum est, quod nos favillam et pulverem possumus dicere.

(Gen 3,14) »Auf deiner Brust und auf deinem Bauch wirst du umhergehen«. Den Bauch haben die Siebzig Übersetzer hinzugefügt: Im übrigen steht im Hebräischen nur Brust, um die Verschlagenheit und Hinterlist zu enthüllen: Denn alle ihre Pfade seien Schlechtigkeit und Betrug. Jedoch auch das, was folgt: »Staub wirst du essen«. Für Erde steht āfār geschrieben, was wir Asche und Staub nennen können.

(Vers. 15) »Ipse servabit caput tuum, et tu servabis eius calcaneum«. Melius habet in Hebraeo: »Ipse conteret caput tuum, et tu conteres eius calcaneum«: quia et nostri gressus praepediuntur a colubro: et Dominus conteret Satanam sub pedibus nostris velociter.

(Gen 3,15) »Er wird deinen Kopf beobachten, und du wirst seine Ferse beobachten.2« Im Hebräischen steht es besser: »Er wird deinen Kopf zertreten und du wirst seine Ferse zertreten«: weil auch unser Schritt von der Schlange gehemmt werden: Und der Herr wird Satan rasch unter unseren Füßen zertreten.

(Vers. 16) »Multiplicans multiplicabo tristitias tuas et gemitus tuos«. Pro tristitia et gemitu, in Hebraeo dolores et conceptus habet.
»Et ad virum conversio tua«. Pro conversione Aquila, societatem: Symmachus, appetitum vel impetum transtulerunt.

(Gen 3,16) »Zahlreich machend werde ich zahlreich machen3 deine Traurigkeit und dein Seufzen.« Für Traurigkeit und Seufzen steht im Hebräischen Schmerzen und Schwangerschaft.
»Und zum Mann [wird] deine Hinwendung [sein].« Für Hinwendung hat Aquila Gemeinschaft, Symmachus Verlangen oder Trieb übersetzt4.

(Vers. 17) »Maledicta terra in operibus tuis«. Opera hic non ruris colendi, ut plerique putant, sed peccata significantur: ut in Hebraeo habetur: Et Aquila non discordat, dicens: »Maledicta humus propter te«. Et Theodotion: »Maledicta adama in transgressione tua«.

(Gen 3,17) »Verflucht ist die Erde in deinen Arbeiten«. Als Arbeiten werden hier nicht, wie die Meisten meinen, der Ackerbau, sondern die Sünden bezeichnet, wie im Hebräischen steht5. Und Aquila weicht davon nicht ab, wenn er sagt: »Verflucht ist der Erdboden deinetwegen«. Und Theodotion: »Verflucht ist die adama6 wegen deiner Übertretung«.

(Vers. 20) »Et vocavit Adam nomen uxoris suae, vitam, quia ipsa est mater omnium viventium«. Quare EVA (הוה), id est vita sit appellata, demonstrat, eo quod sit mater omnium viventium. EVA quippe transfertur in vitam.

(Gen 3,20) »Und Adam nannte den Namen seiner Frau Leben, denn sie ist die Mutter aller Lebenden«. Deshalb zeigt Eva (hebr. Chāwwa) das heißt, sie wird Leben genannt, weshalb sie Mutter aller Lebenden ist. EVA wird ja als Leben übersetzt. 7

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  1. das Wort ist eine Ableitung des bukolischen Ausdrucks δειελινός und bedeutet abendlich
  2. Hieronymus bietet hier die Fassung der LXX, die das Verb τηρέω hat. LXX Deutsch übersetzt es mit »auflauern«
  3. Die LXX versucht hier möglichst wörtlich eine hebräische Infinitiv absolutus/Imperfekt Kombination (Hiphil von רבה) wiederzugeben, die eigentlich bedeutet: »überaus vermehren«.
  4. Nur die Übersetzung von Symmachus entspricht dem Hebräischen tǝschūkā
  5. Im Hebräischen steht: Verflucht sei die Erde um deinetwillen – und nicht, wie in LXX: Verflucht sei die Erde in deinen Arbeiten.
  6. Das ist das hebräische Wort für Erdboden. Es hat die gleiche Wurzel wie Adam.
  7. Hier orientiert sich Hieronymus wieder an der LXX, die Eva als Zoe wiedergibt, dem gr. Wort für Leben.