Paulus und der Fluch des Gesetzes

Im dritten Kapitel des Galaterbriefes spricht Paulus davon, dass alle, die aus den Werken des Gesetzes sind, unter dem Fluch sind (Ὅσοι γὰρ ἐξ ἔργων νόμου εἰσίν, ὑπὸ κατάραν εἰσίν) und beruft sich dabei auf Dtn 27,26: Denn es ist geschrieben: Verflucht ist jeder, der sich nicht treu an alles Geschriebene hält in dem Buch des Gesetzes, um es zu tun. (Γέγραπται γὰρ ὅτι ἐπικατάρατος πᾶς ὃς οὐκ ἐμμένει πᾶσιν τοῖς γεγραμμένοις ἐν τῷ βιβλίῳ τοῦ νόμου τοῦ ποιῆσαι αὐτά. Gal 3,10) Und zwei Verse weiter spricht er davon, dass der Messias uns losgekauft hat aus dem Fluch des Gesetzes, indem er für uns zum Fluch wurde. (Χριστὸς ἡμᾶς ἐξηγόρασεν ἐκ τῆς κατάρας τοῦ νόμου γενόμενος ὑπὲρ ἡμῶν κατάρα). Diese kühne Dialektik wird wieder durch ein Zitat aus dem Deuteronomium (Dtn 21,23) erläutert: Denn es ist geschrieben: Verflucht ist jeder, der auf dem Holz aufgehängt ist (Ὅτι γέγραπται· ἐπικατάρατος πᾶς ὁ κρεμάμενος ἐπὶ ξύλου. Gal 3,13)

„Paulus und der Fluch des Gesetzes“ weiterlesen

Online-Vortrag von Jörg Frey zu 75 Jahre Schriftfunde vom Toten Meer

Jörg Frey, Professor für Neutestamentliche Wissenschaft mit Schwerpunkten Antikes Judentum und Hermeneutik an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich hat am 21. Juni diesen Jahres die 10. Gustaf-Dalman-Lecture für die Stiftung Alfried Krupp Kolleg Greifswald gehalten. Dankenswerterweise wurde der Vortrag hier online gestellt. Ich kann ihn jedem und jeder an diesem Thema Interessierten nur ausdrücklich empfehlen, denn diese Funde haben den wissenschaftlichen Blick auf die Bibel grundsätzlich auf ein neues Niveau gehoben.

Von Ägypten über Oxford nach Washington und zurück – ein aktueller Papyri-Skandal

Museumofthebible-2017-11-04-exterior-front-up

Der in diesem Blog schon mehrfach erwähnte Papyrologe Brent Nongbri hat durch seine Beharrlichkeit einen Skandal (mit)aufgedeckt, der derzeit die scheinbar so beschauliche Welt der Papyrologie durcheinander wirbelt. Verwickelt sind ein renommierter Professor aus Oxford, das von einer evangelikalen US-Familie finanzierte „Museum of the Bible“ in Washington und ein gewisser Scott Carroll. Aber der Reihe nach. „Von Ägypten über Oxford nach Washington und zurück – ein aktueller Papyri-Skandal“ weiterlesen

Ein Text vom Toten Meer zum Thema Scheidung (frühes 2. Jh.)

Das Dokument wurde in Murabba’at am Toten Meer gefunden und ist ein Papyrus, auf den in Kursivschrift ein aramäische Text geschrieben wurde. Seine Erstveröffentlichung datiert aus dem Jahr 1961. 1 Aufgrund der großen Unterschiede in der Buchstabengröße gehen die Herausgeber von einer wenig geübten Hand aus („La main est peu habile“). Dieser Eindruck wird durch die Fehler und Verschreibungen im Text verstärkt. Die Aussagen der Zeilen 1-11 auf der Vorderseite werden in den Zeile 12-25 wiederholt. Diese Wiederholung habe ich nicht noch einmal übersetzt. „Ein Text vom Toten Meer zum Thema Scheidung (frühes 2. Jh.)“ weiterlesen

Wie alt ist Papyrus 52?

Seit seiner ersten Publikation machte 𝔓 52 Furore: er galt als der älteste erhaltene Text des NT und wurde in der zweiten Auflage des Lehrbuches »Der Text des Neuen Testamentes« von Kurt und Barbara Aland auf dem Einband dargestellt, quasi als Symbol für die wissenschaftliche Sicherung des ursprünglichen Bibeltextes.

Die Alands schrieben in ihrem Lehrbuch, der Papyrus gehöre

zu den wahrlich sensationellen Funden der letzten Generation. 𝔓 52 bot zwar nur ein Fragment aus Kap. 18 des Johannesevangeliums, aber die Datierung »um 125 n. Chr.« durch die führenden Papyrologen war an ihm das Entscheidende. Nun schließt »um 125« zwar einen Spielraum von ca. 25 Jahren nach beiden Seiten ein, neuerdings scheint sich aber die Überzeugung durchzusetzen, daß das Jahr 125 die Endgrenze darstellt, so daß 𝔓 52 ganz dicht an die wahrscheinliche Entstehung des Johannesevangeliums um 90-95 n. Chr. heranrückt. 1

„Wie alt ist Papyrus 52?“ weiterlesen

Eine Inschrift aus der Zeit und mit dem Namen Elischas?

Amihai Mazar, Leiter der Ausgrabungen des Tel Reḥov durch das Institut für Archäologie der Hebrew University in Jerusalem ist der Meinung, eine Tonscherbe aus dem 10. Jh. BCE gefunden zu haben, die mit dem Namen des biblischen Propheten Elischa beschrieben sei. Mich überzeugt er damit nicht. „Eine Inschrift aus der Zeit und mit dem Namen Elischas?“ weiterlesen